Zu den Glasbläsern nach Annenwalde

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Es war soweit! Endlich Frühling und ich konnte es kaum erwarten, wieder mit lieben Menschen durch meine zweite Heimat Brandenburg zu radeln. Als ich mit wecyclebrandenburg vor einem Jahr begann, war die "Glasbläsertour nach Annenwalde" meine erste angebotene Tour überhaupt. Leider fand sie keinerlei Beachtung und niemand buchte sich einen Tourenplatz in die schöne Uckermark. Natürlich war ich erst enttäuscht, aber überzeugt, diesen tollen Kurztrip zu wiederholen. Einen Frühling später, begleiteten mich Claudi, Flora und Tanja auf diesem kleinen, magischen Ausflug.


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Die etwas aufregende Anfahrt mit dem Regionalexpress haben wir schon direkt nach dem Passieren des Templiner Stadttors vergessen. Kein Wunder, die Sonne strahlt mit uns um die Wette und sorgt sofort für eine extra Ausschüttung an Glückshormonen. Frühling, was haben wir Dich vermisst! Unser Weg führt uns durch eine blühende Allee an Obstbäumen und auf den Feldern neben uns kündigt sich der erste Raps an. Überall duftet es und zwischen den Baumwipfeln begleitet uns ein zwitscherndes Frühlingskonzert. Die frische Luft macht mir sofort "Kaffeedurst" und zum Glück geht es meinen Radfreundinnen genauso. Wir finden schnell ein lauschiges Plätzchen und gönnen uns mit selbstgebackenem Kuchen ein zweites Frühstück. Richtung Alt-Placht müssen wir durch ein dichtes Waldstück. Die Strecke ist nicht immer problemlos befahrbar, dafür ist der Wald rund um Densow ein absolutes Naturhighlight. Ein Meer aus Blaubeersträuchern, Moos, Nadelgehölzen und hellen Lichtungen. Den Duft, den dieser Wald verströmt, würde ich am liebsten sofort verkorken oder als erfolgreiche Duftkerze auf den Markt bringen. Kurz bevor wir die Kirche erreichen, poltert plötzlich ein riesengroßes Tier über den Weg - ein Hirsch? Nein, die drollige Schnute verrät etwas anderes. Ein Elch! Aufgeregt halten wir, lassen die Räder auf dem Weg liegen und laufen in die Richtung, in der das Tier verschwand. Die Weiterfahrt wurde verschoben und eifrig halbes Elchfachwissen ausgetauscht. Wurde nicht kürzlich berichtet, dass sich drei Elchkühe in der Schorfheide und der Uckermark aufhalten sollen? Sind die Tiere aus Polen zu uns gekommen? Wohin mag er jetzt laufen? Die Begegnung ist noch lange Gesprächsthema Nr.1, bis am Ende des Waldes das kleine "Kirchlein im Grünen" zu sehen ist.

Das Kirchlein im Grünen in Alt-Placht

Das "Kirchlein im Grünen", welches  um 1700 von hugenottischen Glaubensflüchtlingen erbaut wurde, hat sich seinen ganz besonderen Zauber bewahrt. Sie liegt am Randes des Waldes nahe Alt-Placht und ist umrahmt von 500 Jahre alten Linden. Man kann sich kaum vorstellen, dass diese Bäume zu einer Zeit gepflanzt wurden, als sich Kolumbus auf seine weite Reise machte. Das dieses Bauwerk heute jeden Besucher erfreut, ist einem Förderverein zu verdanken, der die völlig verwahrloste und einsturzgefährdete Kirche wieder auferstehen ließ. Wir lehnen unsere Räder an die alte Steinmauer und gehen auf Wanderschaft. Der blaue Holzturm und das strohgedeckte Dach sind liebevoll saniert, die alten Bäume werfen Schatten auf das Fachwerk. Weit und breit ist keine Seele zu entdecken, bis auf Vogelgezwitscher herrscht herrliche Stille. Die kleine Kirche ist geöffnet und wir besichtigen ihr schlichtes und naturbelassenes Innere. An den Wänden hängen alte Fotos vom erbärmlichen Zustand der Kirche während der Wendezeit. Zum Glück fehlte das Geld die Kirche abzureißen. Die Weiterfahrt Richtung Annenwalde bringt uns kurz darauf durch Densow. Eine wunderschöne, alte Lindenallee, die wenig überraschend zur "Allee des Jahres 2012" gekührt wurde, „geleitet“ zu unserem Ziel, dem idyllische Glasdorf Annenwalde.

Im gläsernen Herzen der Uckermark

Gegen Mittag erreichen wir das kleine Künstlerdorf Annenwalde mit seinen kaum 100 Seelen. Um 1800 wohnten hier 24 Büdner- und Glasmacherfamilien. Nach der Wende entwickelte sich Annenwalde zu einer Künstlersiedlung mit Werkstätten, Ateliers, Glaskünstlern und Steinmetzen. Einer der Glaskünstler ist Werner Kothe, der in der Dorfmitte eine Glashütte betreibt.  Das scheunenartige große Haus in den Farben gelb und blau mit seinem kleinen Cafe-Garten und den Glaskunstobjekten kann man nicht übersehen. Wir erhaschen einen Blick ins Atelier und würden am liebsten direkt zu einem der von Werner Kothe angebotenen Workshops bleiben. Hier entstehen täglich die schönsten Glasunikate z.B. Teller, Schalen, Kerzenhalter, Kaminuhren, aber auch Schmuck, Bilder, Wanduhren und Geschenkartikel. Nach der Besichtigung des Shops, schickt uns Werne Kothe noch auf einen Spaziergang durch den angrenzenden Gutspark. Auch hier sind seine Arbeiten aus Glas zu bewundern. Der Magen grummelt wieder. Unseren Hunger stillen wir im Landgasthof "Kleine Schordheide", welches sich in einem 250 Jahre alten Bauernhaus befindet.  Es ist Spargelsaison und wir bestellen zwei große Flammkuchen mit Spargel und trinken Berliner Weiße dazu. Wir lassen unseren  Blick durch das wunderschöne, ursprüngliche Dorf mit seinen reetgedeckten Häusern und der außergewöhnlichen Schinkelkirche schweifen. Gegenüber des Gasthauses liegt ein Hofladen und ein Pferdehof, ab und zu wiehert es zu uns hinüber. Magische Uckermark, immer wieder. Zurück radeln wir enspannt Richtung Röddelin, welches von drei Seen umgeben ist. Wir setzen uns in die leicht rostige Gartenschaukel der Gaststätte Seeblick und genießen ebensolchen. In der Ferne ist wildes Western-Geschrei vom El Dorado zu hören. Als wir wieder das Templiner Stadttor erreichen, hat sich vor dem Eisladen bereits eine kleine Schlange gebildet. Das erste Softeis der Saison schmeckt vorzüglich und wir alle beschließen bald wiederzukommen!

Mehr zur Ausflügen und Veranstaltungen in Annenwalde: 

https://www.annenwalde-densow.de/